Entstehungsgeschichte
Das Jahr 1958 ist geprägt von massiven Aktionen gegen die Atombewaffnung der
Bundesrepublik. Am 25. 3. 1958 beschließt der Deutsche Bundestag schließlich
die atomare Aufrüstung der Bundeswehr. Personen des öffentlichen Lebens
nehmen vor und nach dieser Beschlussfassung Stellung zu den Gefahren einer
Atombewaffnung und warnen intensiv vor den schrecklichen, schier unfassbaren
Folgen (z.B. Albert Schweitzer spricht im April 1958 aufrüttelnd im Rundfunk).
In vielen Städten entstehen mit Unterstützung der SPD und der Gewerkschaften
Komitees gegen den Atomkrieg, Bürger aus allen Bevölkerungsschichten engagieren
sich. Sie organisieren Protestkundgebungen, sammeln Unterschriften, informieren
und demonstrieren. Wissenschaftler und Künstler unterstützen durch ihre
Beiträge dieses Anliegen .
In der "Augsburger Gruppe" - einem neuen Zusammenschluss von zunächst
ca. 15 Persönlichkeiten des Kulturlebens - entsteht die Idee zu einer
Ausstellung gegen den Atomkrieg. Der Vorsitzende Walter OEHMICHEN, Leiter
des bekannten Marionettentheaters "Augsburger Puppenkiste" begeistert
sich für die Initiative von Carlo SCHELLEMANN, freischaffender Maler,
Initiator und Motor dieser Idee. Im Frühjahr 1958 fordert SCHELLEMANN
seine Kollegen aus dem In- und Ausland auf, sich an einer Ausstellung
gegen die "atomare Aufrüstung" zu beteiligen. Die Reaktion der angesprochenen
Künstler ist überwältigend: Viele bekannte Maler der gegenständlichen
und realistischen Kunst stellen Arbeiten zur Verfügung, unter ihnen Otto
PANKOK, Karl HUBBUCH, Lea GRUNDIG, A. P. WEBER, Albert BIRKLE, Frans MASEREEL.
Junge Künstler, ausgebildet in den ersten Nachkriegsjahren oder kurz vor
dem Krieg, schaffen eigens Blätter zum Ausstellungsthema, so z.B.: Gerhard
GOLLWITZER, Albert HEINZINGER, Emil SCHEIBE, Eva SCHWIMMER, Dore MEYER-VAX,
und natürlich der Initiator Carlo SCHELLEMANN.
Obgleich
rasch viele Exponate zusammenkommen, kann die geplante Ausstellung erst
im Herbst 1958 in München gezeigt werden. Die Verschärfung der politischen
Auseinandersetzungen um die Atombewaffnung und das Abrücken der SPD von
der Unterstützung der außerparlamentarischen Opposition und ihrer Protestmaßnahmen
verzögern die Realisierung des Projektes "Wanderausstellung gegen den
Atomkrieg". Nunmehr wird die Ausstellung ausschließlich von einem privaten
Kreis aus Künstlern, Schriftstellern und Kritikern organisiert und endlich
kann sie am 22.10.1958 von Prof. Dr. Dr. SALLER, dem Präsidenten des Deutschen
Kulturtages in den Räumen der Universitätsreitschule München eröffnet
werden.
Dann
geht die Ausstellung fast 5 Jahre bis 1963 auf Reisen. Sie wird in über
40 Orten in Museen, Schulen, Gewerkschaftsräumen oder Naturfreundehäusern
gezeigt. Sie fordert Aufmerksamkeit, entzündet viele Diskussionen und
ruft sicherlich auch Widerspruch zu den Arbeiten hervor. Während der "Reise
durch die BRD und Nachbarländer" sind in der Ausstellung nicht immer alle
und nicht immer die gleichen Werke zu sehen. Aus einer Fülle von etwa
200 bis 250 zur Verfügung stehenden Werken war eine Auswahl zu treffen,
die den Möglichkeiten der jeweiligen Ausstellungsräume folgte und darüber
hinaus haben weitere Künstler und Künstlerinnen neue Arbeiten beigesteuert.
Eine
repräsentative Auswahl aus dieser Sammlung wurde erneut nach etwa 40 Jahren
zunächst ab August 2002 für einen Monat in der GALERIE IM KLOSTER
MALGARTEN in Bramsche (Niedersachsen) gezeigt. Es folgten die Ausstellungsorte
Braunschweig - ST.-MAGNI-KIRCHE -, Berlin - HAUS DER DEMOKRATIE UND MENSCHENRECHTE
-, Sprockhövel - IG METALL-BILDUNGSZENTRUM -, Antikriegshaus
Die
Gründe für das nochmalige Zeigen der Sammlung sind einfach und liegen
nahe. Die Künstler, die sich an der Wanderausstellung 1958 - 1963 beteiligten,
reagierten mit den Mitteln ihrer Kunst auf gesellschaftliche Herausforderungen
ihrer Zeit. In den Auseinandersetzungen um Wiederaufrüstung und Atombewaffnung
Deutschlands haben sie deutliche Positionen bezogen. Erinnerungen an den
noch nicht lange zurück liegenden II. Weltkrieg und das erneute Gefühl
der Bedrohung durch einen möglicherweise noch furchtbareren Atomkrieg
sind in weiten Teilen der Bevölkerung präsent. Der Wunsch, nicht noch
einmal mitverantwortlich sein zu müssen bei einem Einsatz von Massenvernichtungswaffen,
lässt sie handeln. All das zeigen die Arbeiten der Künstler deutlich.
Die Bilder bieten die Gelegenheit, in einem Rückblick auf die gesellschaftspolitische
Situation und den Gefühlen grosser Teile der Bevölkerung in den ersten
15 Jahren der Bundesrepublik Deutschland nachzuspüren.
Noch
immer aktuell!
Bei der Vorbereitung der Ausstellung ist darüber hinaus deutlich geworden,
wie bestürzend aktuell immer noch viele der Bildthemen sind. Angesichts
der erneuten aktuellen Lage am Rande eines atomaren Konflikts und aufkeimender
Spekulationen über den Einsatz "handhabbarer" Atomwaffen zur Terrorbekämpfung,
ist die Gefahr einer atomaren Bedrohung nach der Auflösung der Blockkonfrontation
zwischen USA und UdSSR keineswegs geringer geworden. Sie ist eher noch
unberechenbarer.
Weitere
Ausstellungsorte gesucht
Die
Initiatoren erhoffen sich, dass diese Ausstellung Interesse weckt und
weitere Präsentationsorte - vielleicht angereichert durch Leihgaben
- nach sich zieht.
Konzept
der Ausstellung
Die
Bilder gliedern sich in folgende Themenkomplexe:
-
Krieg und Kriegserlebnisse, bildlich verarbeitet (z.B. Stalingrad-Zyklus
von Otto HERMANN), sowie Folgen des Atombombeneinsatzes über Hiroshima
und Nagasaki;
-
Hoffnungssymbolik nach dem Krieg, die den Wunsch einer friedlicheren
Zukunft ausdrückt (z.B. Frans MASEREEL "Die andere Armee"); Aspekte
der Bedrohung durch Aufrüstung und Atomrüstung; militärische, politische,
wirtschaftliche, gesellschaftliche, persönlich und individuelle Belastungen;
-
Aktionen und Gegenwehr gegen die Atomrüstung.
Da unsere Sammlung mittlerweile um Arbeiten aus der Zeit nach der Wanderausstellung "Künstler gegen Atomkrieg" bis hin zu Bildern von Künstlern der Gegenwart erweitert wurde, kann eine Ausstellung auch mit der erweiterten Sammlung gezeigt werden.
Zum Verständnis der
Arbeiten in ihrem historischen Kontext werden die Bilder mit zeitgenössischen
Texten ergänzt und erläutert. Eine Dokumentation, die einen Überblick
über die Arbeiten, die Künstler und ihre Lebenswege gewährt sowie das
geistige und gesellschaftspolitische Klima der Jahre der Wiederaufrüstung
und beabsichtigten Atombewaffnung darstellt, ist zu der Ausstellung
erschienen. Diese können Sie bei uns bestellen (siehe
Startseite).
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